Wege zu gehen, wo sie in ihre Nähe gelangen. So schreibt Scheler gelegentlich einer Kritik der von Kant vorgenommenen Gleichsetzung des „materialen” mit dem „sinnlichen” Gehalt (A. a. O. S. 50): „Es ist, wie mir scheint — das πρῶτον φεῦδος bei dieser Gleichstellung, da man „anstatt die schlichte Frage zu stellen: Was ist gegeben?, die Frage stellt: „Was kann gegeben sein?” Der Frage nach dem „kann”, der „Möglichkeit” im Kantischen Sinne, begegnen wir in der Phänomenologie nicht. Ist sie aber nicht ein wirkliches Problem? Darf man nicht weiter fragen, wie die „Wesensschau” es anstelle, uns synthetische, allgemein gültige Erkenntnis zu liefern, sondern müssen wir dies einfach als Tatsache hinnehmen? Bei Husserl selbst finden wir zu diesem Punkt sehr dunkle und für den großen Kämpfer gegen den Psychologismus höchst bedenkliche Ausführungen über die „Evidenz”.
Die Verteidiger des materialen Apriori, zu denen nicht nur die Phänomenologen gehören, hatten, ich wiederhole es, noch viel mehr Grund als Kant, die Frage aufzuwerfen: „Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?” Denn erstens ist bei ihnen das Reich dieser Urteile viel größer und zweitens lehnen sie die von Kant gegebene Antwort ausdrücklich ab. Wir haben allen Anlaß, angesichts dieser Philosophie die Frage noch viel eindringlicher zu stellen, die unser Empirismus dem Kantischen System gegenüber stellen und verneinen mußte: „Sind denn die Urteile wirklich synthetisch und a priori, die du dafür hältst?” Und wenn sie bei den aus der „Wesensschau” fließenden Urteilen zu bejahen wäre, dürften wir nicht ruhen, bis wir ihr rätselvolles Dasein, ihre Möglichkeit aufgeklärt hätten. Und solange uns dies nicht gelungen wäre, würden wir stets neue Zweifel hegen, ob wir uns auch in der Annahme ihrer Tatsächlichkeit nicht getäuscht hätten, und mit der Möglichkeit rechnen, daß ein Fortschritt der Einsicht uns eines Bessern belehren würde, ähnlich wie die Fortschritte der Einsicht in das Wesen der Mathematik und Naturwissenschaften die Kant’sche Annahme von darin enthaltenen synthetischen Urteilen a priori unhaltbar gemacht haben. Wir sind ja heute der Ansicht, daß die Sätze der reinen Mathematik nicht synthetisch, die der Naturwissenschaft (wozu auch die Geometrie gehören würde, wofern sie als Wissenschaft vom Raum aufgefaßt wird), nicht a priori sind. Unser Empirismus stellt die Behauptung auf, daß es überhaupt keine anderen apriorischen Urteile gebe als analytische oder, wie wir heute lieber sagen, daß nur tautologische Sätze a priori seien. Er erkennt aber gern an, daß die