76 A Contemporary Critique of Schiller's "Rauber" ist iiberhaupt kein Mensch, der einen Karl ausstechen und ihm sein Erbtheil vorenthalten kann. Von vornen herein gefallt uns das Stuck am allerwenigsten. Auch Amalia gefallt uns nicht durch- gangig, und nur vorziiglich in der Scene, wo sie Rosen auf das Lager ihres schlafenden Onkels streut. Sonderbar ists, dass sie sichs auch nach des alten Moors Tode noch bei Franzen, den sie doch den Morder ihres Geliebten nennt, gefallen lasst, und nicht gleich in ein Kloster entflieht, welches sie doch immer im Munde fiihrt. Nach der Schilderung, die sie von Karln gemacht, erwartet man viel von ihm; man glaubt librigens, Franz habe seinen Vater ganz getauscht, und wie nun Karl zum ersten Mai auftritt, sieht man sich auf einmal betrogen. Karl ist in der That ein liederlicher Kerl, aber ein Kraftmann, der sich jedoch, nach Lesung des Briefs von seinem Bruder, wie ein Kind betragt. Wenn man ihn dann in der Folge mit so vieler Anlage zu einem grossen Menschen kennen lernt, so wundert man sich um so mehr uber die Wirkung, die seines Bruders Brief auf ihn macht, zumal wenn man von Amalien weis, dass Karl seinen Bruder hinlanglich kennt, als dass er nicht Verdacht wider ihn schopfen sollte. In der Scene, wo sich Karl den Eid von seiner Bande ablegen lasst, muss man sich wundern, dass man Spiegelberg nicht auch dazu nothiget, dem es doch jeder ansehen kann, dass er mit der Wahl unzufrieden ist. Man glaubt aber, nach Spiegelbergs Aeusserung zu schliessen, dass wenigstens Absicht dabei sey, und dass durch Spiegelberg endlich der ver- ruchte Knoten auf eine schlimme Art fur sie werde aufgeloset wer- den, aber nein! daran scheint gar nicht gedacht worden zu seyn; und man sieht mehr wie einmal aus der ganzen Anlage, dass der Verf. keinen Plan hatte, und dass so eine Scene nach der andern, ohne Vorsatz, enstand. Der Kommissar unter einer solchen Bande, der ihnen so ganz allein vormoralisirt, macht auch einen Effekt, der ziemlich komisch ist, ohne es seyn zu sollen. Die Scene, wo endlich die Rauber in einer Gegend an der Donau wieder erscheinen, nachdem sie sich durch die bohmischen Reuter durchgeschlagen, ist eine der interessantesten. Schweizers Liebeseif er gegen Moor ist riihrend; er ist keinesweges wider die Natur, aber er wirkt auf den unbesonnenen Zuschauer mehr als er wirken sollte. Kosinsky's Erscheinung und sein Bekenntniss macht anfangs stutzig; man fallt auf den Argwohn, dass, da Herrmanns Verkleidung so wohl gelungen, vielleicht Amalia sich entschlossen habe, ihren Karl aufzusuchen, zumal da es ganz den Anschein hat, als ob von Karls Amalia die Rede sey, und ganz denselben Eindruck auf Karln macht, als ob sie es wtirklich ware. Dass diese Muthmassung in Ansehung ihrer nicht ganz ohne Grund und Anlass entsteht, er- weiset sich aus dem letzten Akte, wo sie noch an Karl den Rauber und Morder mit der ganzen Starke der Liebe hangen kann. Was hatte sie nicht, als Kosinsky, von nun an dem ganzen Stuck fur
eine gute befriedigende Entwickelung geben konnen, ohne dass