Page:Thirty-five years of Luther research.djvu/197

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tisches. Und je nachdem die Sache, um derentwillen er schreibt, seinen Herzschlag erregter macht oder ruhiger das Herz schlagen laesst, ist auch die Darstellung erregter oder ruhiger, kampflustiger oder friedlicher, ist der ganze Ton bis auf den Fall der Worte und Saetze ein anderer. Alles ist eben laut gesprochen gedacht, alles ist Iebendige Rede. Bald donnert und blitzt es bei ihm, der Sturm zieht einher und wirft die Mauern der Papisten ueber den Haufen; bald wieder weht uns der stille Geist des Friedens an, wo er die "Summa eines christlichen Lebens" zieht; bald hoeren wir die liebevoll mahnende und belehrende Stimme des Lehrers und Predigers, der die Irregeleiteten auf die richtige Bahn zurueckfuehren will; bald wieder, wie in der Historie von Bruder Heinrichs Tod, den schlichten, einfaeltigen Ton der Chronik. Je nach dem Zweck, den er verfolgt, nach den Personen, an die er sich wendet, je nach Lage und Umstaenden, je nach der Sache, fuer die er eifert, ist Ton und Charakter seiner Schriften ein anderer, und jedesmal der angemessene. Und jeder Stimmung, jeder Tonart fuegt sich, wie Stil und Darstellung, so auch seine Sprache. Alle Mittel stehen ihm zur Verfuegung: Der derbe, wenn es sein muss, selbst niedrige Ausdruck, wenn er nur volkstuemlich ist und wirkt, die Keulenworte, Hohn und Spott ebenso wie die zartesten und lieblichsten Worte; Bilder, Gleichnisse, Sprichwoerter, Personifikationen, das Wortspiel und der Gleichklang, die Form der rhethorishen Wiederholung, der Steigerung und Uebertreibung, alles ist ihm zur Hand. Will man in diesem lebendigen Gefuehl, diesem sicheren Takt, fuer die jedesmal angemessene Form und fuer das lebendig Wirksame Kunst sehen, so mag man das; aber es ist angeborene Kunst, nicht gesuchte, obschon Luther sie mit Bewusstsein angewendet hat.

Auch die Eigenheiten seines Satzbans erklaeren sich aus der lebendigen Rede. Oft finden wir ein lockeres Gefuege, wenig Unterordnung; Gedanke reiht sich eben an Gedanke, wie er im Augenblick kommt, in einfachster Form, noch ehe die Arbeit logischer Unterordnung begonnen hat. Selbst die vermittelnden Konjunktionen koennen zwischen ihnen fehlen, der Redende spart sie, um seine Worte wirkungsvoller zu machen, und ersetzt das Fehlende durch den Ton. Oft draengen zwei, drei und mehr Nebengedanken sich herzu, sie werden alle im Augen-